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Was ist Yoga?


Was ist Yoga? Yoga kann auf viele Arten definiert werden. Für Patanjali heisst Yoga "Verhinderung der Veränderungen des Minds" (yogash citta-vrtti-nirodha). In der Bhagavad-Gita findet man nachfolgende Definitionen: "Ausgeglichenheit des Minds ist Yoga" (Samatvam yoga uchyate), "Yoga ist Geschicklichkeit im Handeln" (Yogah karmasu kausalam), oder "Trennung der Verbindung mit Schmerz" (Duhkhasamyoga-viyogam). Yoga könnte auch als "Universale Wissenschaft der Wirklichkeit" definiert werden, was sicherlich einiger Erklärungen bedarf. Es wird Gegenstand dieser Webseite sein, dieses Konzept eingehender zu erläutern.

Das Wort Yoga kommt in zahlreichen Schriften der indischen Überlieferung vor, wie z. B. in der Bhagavad-Gita, im Yoga-Vasishta oder in den Yoga-Sutren von Patanjali. Wörtlich übersetzt bedeutet Yoga "Vereinigung". Aber Vereinigung mit was? Es handelt sich um eine grundlegende Bestrebung zur Einheit, zur Vereinfachung, die alle Bereiche des Lebens umfasst. Yoga ist ein Umkehrprozess, eine Rückführung zum Ursprung alllen Seins.

Yoga ist auch ein Mittelweg - weder ein Weg der Entsagung irdischer Freuden noch ein Weg zügelloser Wunschbefriedigung. Yoga endet das Leid derer, die ausgeglichen sind in Ernährung, Erholung, im Handeln, Schlaf und im Wachsein, lehrt uns die Bhagavadgita. Yoga holt uns da ab, wo wir uns befinden und führt uns schrittweise in höhere Ebenen des Seins. Dies ist weitaus schwieriger als den Pfad der Extreme zu beschreiten. Der Mensch neigt dazu, sich entweder ganz dem Materialismus zu verschreiben oder aber sich einer weltfremden Frömmigkeit hinzugeben.

Yoga beinhaltet Theorie und Praxis. Die Theorie - in den indischen Schriften als Samkhya bezeichnet - stellt eine umfassende Erklärung der Wirklichkeit dar, wonach sich die Praxis orientiert. Die Mandukya Upanishad führt aus, dass unser sogenannter Wachzustand gegenüber dem Endzustand des Yoga (Moksha) vergleichbar ist mit dem Verhältnis des Traumzustandes zum Wachzustand. Mit anderen Worten: wir leben in einer Art selbstgeschaffener Traumwelt (Maya). Leiden ist Folge von Unwissen (Avidya), welches durch die Yoga-Lehre überwunden wird. In der Yoga-Lehre wird unser Zustand in der Welt minutiös beschrieben, es wird dargelegt, wie dieser entstanden ist und wie wir uns aus diesem befreien können.

Menschen sind verschiedentlich beschaffen und deshalb haben sich entsprechend der vier Hauptneigungen die vier Yogas entwickelt: Karma Yoga (Yoga des Handelns), Bhakti Yoga (Yoga der Hingabe), Raja Yoga (Yoga der inneren Disziplin) und Jnana Yoga (Yoga des Wissens). Es handelt sich nicht um strikt getrennte Ausrichtungen, die Übergänge sind fliessend und es gibt noch zahlreiche andere Yogaformen. Eigentlich gibt es soviele Yogas wie Suchende, jeder Lebensweg ist einmalig. Es mag auffallen, dass die im Westen bekannten Körperübungen - das Hatha Yoga - in dieser Liste nicht aufgeführt ist. Das Wort "Yoga" wird in der westlichen Kultur gewöhnlich mit Hatha Yoga gleichgesetzt, was jedoch zu einer starken Verzerrung des Begriffs führt. Yogapsychologie ist somit weder ein Schlagwort noch eine Modeerscheinung, sondern die Übersetzung einer jahrtausendalten Weisheitslehre in Begriffen der modernen Psychologie.

Der Mensch funktioniert nicht nur als Individuum, sondern ist in einem familiären, sozialen und immer mehr auch globalen Beziehungsnetz eingebunden. Yoga tangiert alle Aspekte des Lebens und liefert einen allgemeinen Rahmen zum Verständnis persönlicher, familiärer, gesellschaftlicher und religiöser Phänomene. Häufig wird geglaubt, dass Yoga Sannyasa (Entsagung) bedeutet, und man setzt Sannyasa mit dem Entledigen physischer Gegenstände, der Entsagung von gesellschaftlichen Verpflichtungen gleich, um sich irgendwo in der Abgeschiedenheit abzusetzen. Mit Yoga hat das nichts zu tun, denn Yoga bedeutet nicht, irgendwelche Dinge über Bord zu werfen, sondern veil mehr falsche Vorstellungen über die Dinge und die Welt als Ganzes aufzugeben. Das Wesen von wirklichem Entsagen - Sannyasa oder Mönchstum - hat nichts mit einem Entsagen von Objekten zu tun, sondern mit dem Entsagen von der Objektivität oder Äusserlichkeit der Objekte. Es ist ein Zurücknehmen des Gedankens, dass die Objekte sich ausserhalb von uns befinden. Es ist ein Fehler, von einem Ort zum anderen zu laufen, in dem Glauben, irgendetwas entsagt zu haben, denn, selbst wenn wir uns physisch von einem Ort zum anderen bewegen, bleibt das Objekt unserer Entsagung immer noch ausserhalb der Wahrnehmung. Wir glauben weiterhin, dass es sich um etwas Äusseres handelt, wir haben immer noch dieselbe vorgefasste Meinung oder dasselbe Vorurteil. Eine wirkliche Entsagung hat nicht stattgefunden.